Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Unruhe im Haus

05.04.2012 21:55:18

Kürzlich hörte ich nachts ein Scharren auf der Strasse. Es klang, als würde die Strasse ausgebessert. Sollte die Stadt wirklich nachts am Strassenunterhalt arbeiten? Dies schien mir wenig wahrscheinlich.
Also ging ich auf den Balkon, um nachzusehen, was der Ursprung dieses Geräusches war, denn es immerhin schon weit nach Mitternacht.

Ich sah S. und ein paar Männer mit Schaufeln auf der Strasse, die mit Wasser überflutet war. Sollte es etwa einen Rohrbruch gegeben haben? Nein, denn einer der Männer liess Wasser aus einem Schlauch laufen. Was machten die da unten zu so später Stunde? Ich kam nicht drauf...

Danach befragt, erklärte S., dass er mit ein paar Nachbarn eine Schwelle auf die Strasse gebaut hätte wegen den Motorrädern, die Tag und Nacht durch die Strasse donnern. So an die 50 in 24Std. dürften es schon sein und vorallem mit einem Lärn, der einen glauben lässt, sie donnerten durch das Wohnzimmer.

Nachdem diese Arbeit beendet war, mittlerweile war es 1h30, wurde es nicht ruhiger im Haus. In der Wohnung über mir, in der sonst niemand war, rumpelte und polterte es, dass ich glaubte, ein Arbeiter hätte nur um diese Zeit die Möglichkeit gehabt, etwas zu reparieren, ersetzen oder neu zu installieren. Ich hörte aber keine entsprechenden Rufe.

Ich versuchte, einzuschlafen und als ich gerade am hinüberdösen war, holte mich eine laute Stimme zurück. S. rief durch den Schacht nach Faiza. Da alle hier ein sehr lautes Organ haben, war ich wieder hellwach. Ich sah eine Weile fern und döste ein zweites Mal ein. Auch hier wieder keine Chance, denn jetzt schrie der kleine Ahmed wie am Spiess. Das dauerte eine ganze Weile, bis wieder Ruhe eingekehrt war. Mein dritter Versuch muss etwa nach 4h gewesen sein. Diesmal rief Hamada unentwegt nach Faiza. Was war bloss los heute Nacht? Nie hörte ich Faiza antworten und ich fand es eine Unverschämtheit, sie mehrmals in der Nacht aus dem Schlaf zu reissen. Die Stille danach dauerte nicht lange, denn nun erklang der erste Ruf des Muezzin.
Gegen 5h morgens fiel ich dann endlich, endlich in den Schlaf.

Natürlich habe ich nachgefragt, was denn los gewesen sei. Faiza habe in der Wohnung über mir bis morgens um 7h Kuchen gebacken und sich durch nichts und niemanden davon abhalten lassen. Der Kuchen erwies sich übrigens als staubtrockenes Gebäck...

2 Kommentare

 

Verdammter Backofen

31.03.2012 13:58:24

Erste Backlektion bei mir!

Hend und Iman hatten mich darum gebeten.
Natürlich bei mir und vor allem am Abend. Wann auch sonst, denn die Mädels kriegen am Morgen ihre inzwischen voluminöseren Kehrseiten nicht hoch. Ich hatte ihnen gesagt, was benötigt wird und so kamen sie denn mit ihren Utensilien an.
Hend hatte statt Butter ihr übliches Fett gebracht, eine Mischung aus Palmöl, Butter und noch irgendein Bestandteil. Keine Ahnung, ob es damit funktioniert.

Ich habe meinen Kuchen - übrigens den Einzigen, den ich auswendig weiss, da ich keine begnadete Bäckerin bin - zeitgleich mit Hend angerührt, damit sie jeden Schritt selber machen kann, während Iman die Rezeptur notierte. Ich habe noch Schokoladenpulver beigesteuert, damit es ein schöner Marmorkuchen wird.

Wegen dem Palmölgemisch und dem nicht sehr sauberen Zucker wurde Hends Teig zu einer wenig ansehnlichen Masse. Mit Hingabe machte sie es mir nach, halbierte den Teig, rührte in einen Teil Schokoladepulver, gab beide Teige in eine Herzform und marmorierte mit noch mehr Hingabe mittels eines Holzspiesses, wie ich es ihr gezeigt hatte.

Ich hatte schon zu Anfang erwähnt, dass mein Backofen einfach Schrott sei und die Kuchen besser in einem ihrer Ofen gebacken werden sollten. Ganz offensichtlich wollte keine der beiden ihren Backofen anwerfen, also schob ich beide Kuchen wider besseres Wissen in meinen. Normalerweise benötigt der Kuchen 30 - 40 Minuten Backzeit.

Iman tätigte sofort den gesamten Abwasch und wir setzten uns, um während der Wartezeit zu plauschen.
Ich zeigte ihnen ein paar Bilder auf meinem Laptop, die sie neugierig und interessiert betrachteten. Faiza kam herauf mit Noor, die aufgewacht war und gestillt werden musste. Ich servierte Getränke und wir kommunizierten auf die gehabte Weise - arabische Pantomime.

Als ich meinte, die Kuchen müssten wohl 1 Std. backen, wollten sie mir nicht glauben. S. kam mit dem kleinen Ahmed und Youssef erschien ebenfalls. Sie wollten Kuchen essen und waren ungeduldig. Leider konnte ich ihren Wunsch nicht erfüllen, denn beide Kuchen waren inzwischen eingefallen, zeigten eine Kruste an Wand und Oberfläche, während der Teig noch fast flüssig war.

Solches ärgert mich einfach und ich finde, dass die ganze Mühe umsonst ist, wenn es kein entsprechendes Resultat gibt. Die Mädels lachten sich halb krumm als ich ihnen sagte, was die andern davon halten werden: "Was? DAS soll ein Kuchen sein?"
Offenbar kennen sie solche Kommentare!

Ich nutzte die Wartezeit, um ein paar Fotos zu machen. Die Kleinen habe ich bisher nicht fotografiert und auch S. nicht, der sich hingebungsvoll um seine Enkelkinder kümmert. Mehr als dies die Väter tun. Zumindest habe ich weder Hamada noch Moustafa je so liebevoll mit ihrem Nachwuchs umgehen sehen. Ok, Hamada sehe ich kaum, da er sich hauptsächlich in seiner Wohnung aufhält, falls er mal im Haus ist und Moustafa ist in Kairo. Bisher habe ich Moustafa erst einmal gesehen, wie er seine Tochter trägt.

Nach fast 2 Std. nahm ich die Kuchen aus dem Ofen. Inzwischen war es fast 23h und alle waren ungeduldig. Naja...zaubern kann auch ich nicht!
Sie waren noch heiss und es würde nochmal seine Zeit dauern, bis sie erkaltet wären und man sie stürzen konnte. Schliesslich drückte ich ihnen die Kuchenformen in die Hand...sollten sie die Kuchen doch warm essen oder was auch immer!

Eines weiss ich sicher, ich werde darauf achten, dass ich mal einen guten Herd haben werde!

3 Kommentare

 

Ladies Night

21.03.2012 00:36:10

Als kleine Anerkennung für ihre Putzaktion in meiner Wohnung hatte ich die Frauen zum Nachtessen eingeladen und dabei betont, dass wirklich nur die Frauen eingeladen sind. Offenbar was völlig Neues im Hause S., was die Frauen amüsierte und die Männer verständnislos den Kopf schütteln liess. Ok, sie wissen genau, dass das nächste Mal sie an der Reihe sein werden.

Ich überlegte, was ich für die Frauen kochen sollte. Es durfte einerseits nicht zu schweizerisch sein und andererseits nicht zu "fancy", denn damit hätte ich sie nur überfordert.
Pouletspiesse nach meiner ägyptischen Art: in Stücke geschnittene Pouletbrust, die in Limonensaft mit Knoblauch und dieser speziellen Haus-Gewürzmischung mariniert und dann auf Spiesse gesteckt und gebraten werden. Ein geschmortes Mischgemüse aus Kartoffeln, Zucchetti und Tomaten mit ordentlich viel Knoblauch und Provencekräutern. Für mich natürlich ohne die roten Dinger.

Dazu Reis, aber der musste schon etwas her machen, denn den in der Schweiz üblichen Trockenreis mag man hier nicht besonders. Also habe ich Basmati gekocht, separat frische Erbsen und kleingewürfelte Karotten und dann alles gemischt und gebraten. Mit Gewürzen abgeschmeckt passte es vorzüglich.

Obwohl ich für mehr Personen als die Anwesenden gekocht hatte, blieb gerade mal eine Portion übrig. Ich kann ohne zu übertreiben behaupten, die Ladies haben reingehauen. Gut so...

Zum Dessert gabs frische Erdbeeren und geschlagenen, ein wenig gesüssten Rahm dazu. Auch hier wurden die Teller mehrmals gefüllt. Vor allem die Schlagsahne war begehrt. Selbst die Waffeln wurden mit Sahne gegessen. Mit dem Rest garnierte ich den Kaffee und bestreute das Ganze mit etwas Schokoladepulver. Ich glaube, sie wähnten sich im Himmel!

Faiza meinte, sie komme nur noch zu mir zum essen, bei mir gäbe es "sauberes" Essen. In der Tat war die Stimmung entspannt und man liess sich Zeit mit essen. Sonst ist dies immer in ein paar Minuten erledigt und es herrscht einen ständige Unruhe. Bei mir lief im Hintergrund Musik, die obwohl aktuell, so doch eher ruhig war. Und keiner rief nach einer der Frauen und verlangte etwas.

Natürlich wollte ich nicht, dass Faiza nach dem Essen in die Küche stürzt und abwäscht, aber ich konnte mich einfach nicht durchsetzen. Und wenn sie es als Dank sah, so durfte ich nicht ungehalten reagieren, sondern musste diese Geste akzeptieren. Einzig meine neue beschichtete Bratpfanne brachte ich in Sicherheit. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese nicht fachgerecht gereinigt, sondern derart behandelt werden, dass nach kurzer Zeit keine Beschichtung mehr vorhanden ist....but that's another story

Leider gibt es immer noch diese Sprachbarriere, denn keine der Frauen versteht oder spricht Englisch. Hend mag ein klein wenig verstehen, denn sie checkt die Zusammenhänge. Soweit mein Wortschatz es zulässt, spreche ich arabisch und der Rest ist Pantomime. Dies bringt die Frauen zum lachen. Nun, ich bin auch völlg locker und gehe ganz natürlich mit ihnen um. Warum auch sollte ich mein Wissen und meine Erfahrung rauskehren? Wenn sie etwas wissen wollen, gebe ich Auskunft oder Rat, je nach Thema. Man respektiert sich gegenseitig und so gestaltet sich das Zusammleben sehr angenehm.

Über was redet man hier? Übers Kinderkriegen und grossziehen, über Männer (eher andeutungsweise). Auch hier eher pantomimisch von meiner Seite her. Faiza spricht die nächste Babyrunde an und ich sehe den jungen Frauen an, dass ihnen das Thema nicht behagt. Noor ist nun über ein halbes Jahr alt und will sich bewegen. Ahmed ist noch zu klein, aber ein freundliches Kerlchen. Ich frage mich allerdings, ob er wirklich ganz gesund ist.
Nun, wir einigen uns darauf, dass 2-3 Jahre Abstand gut sind. Worauf Imam meint, lieber 4, 5 oder 6 Jahre. Ich sehe ihr an, dass sie am liebsten weiterzählen möchte und damit zu erkennen gibt, dass sie eigentlich alles, was damit zu tun hat, nicht mehr möchte. Hat sie eine Wahl? Ich fürchte, nein!

Faiza befürchtet, ich sei schrecklich müde von der vielen Arbeit. Keine Ahnung, welche Bilder ihr von einer Europäerin im Kopf herum schwirren. Das bisschen einkaufen, vorbereiten und kochen ist nun wirklich nicht ermüdend!

0 Kommentare

 

Back- und Putztag

16.03.2012 23:02:36

Einmal im Monat wird Brot gebacken. Am Vorabend wird das Mehl von Schmutzpartikeln gereinigt und ein Vorteig angesetzt und am nächsten Morgen zur Bäckerei (nehme ich an) gebracht, um den Teig mit der Maschine kneten zu lassen, denn immerhin werden gut an die 15-20kg Mehl verarbeitet.

Früher stand auf der Dachterrasse ein gemauerter Ofen, den man einheizte. Heute ist dies ein mit Gas betriebener Blechkasten. Zuerst werden Brotlaibe geformt, die auf runden "Tellern" in die Sonne gestellt werden, damit sie aufgehen. Bevor sie in den Ofen kommen, werden sie längs der Seitenkante mit einer Nadel eingeritzt, damit sie noch besser aufgehen.
Faiza sass vor dem Ofen und passte auf die Brote auf, schob sie mal oben hinein, dann wieder unten, nahm eines heraus, klopfte auf den Boden und schob es wieder zurück, wenn der Ton und damit der Garpunkt noch nicht erreicht war.

S. hatte sich von mir einen Zopf gewünscht, auf Berndeutsch "Züpfe", das traditionelle Brot, dass eine gute Hausfrau jeweils für das Sonntagsfrühstück bäckt. Für mich hatte ich zwei Vollkorn Baguette gemacht. Naja, ich hatte halb Vollkornmehl, halb Weissmehl genommen, da der Versuch mit reinem Vollkornmehl kein befriedigendes Ergebnis gebrachte hatte.

Meine Produkte nahmen sich bescheiden aus im Vergleich zu der Menge, die Faiza und die Mädchen verarbeitet hatten. Da meine Brote nicht auf die runden "Teller" passten, gab mir Faiza zwei Bleche, die sie aus dem Hühnerstall holte und die in grauer Vorzeit wohl mal Blechkanister gewesen waren. Diese musste ich erst mal gründlich reinigen, wollte ich meine kostbaren Brote darauf backen. Dann rein in den Ofen und gespannt auf das Ergebnis gewartet. Und siehe da...die Brote gingen prächtig auf und nahmen eine schöne Farbe an. Juhuuuu...meine Brote sind super gut gelungen!

Später kamen wir alle unten zusammen und frühstückten gemeinsam. S. machte sich sogleich über den Zopf her. Er kannte dies bereits von seinen Besuchen in der Schweiz, die anderen Familienmitglieder nicht.
Ich glaube, so reichhaltig und viel haben weder ich noch die anderen je gefrühstückt. Ich liess mir vor allem das Baguette schmecken, das innen luftig und aussen knusprig war. Herrlich nach all den weichen, fast süssen Brötchen oder dem alternativen Pumpernikel! Ihr selbstgebackenes Brot würde mir auch besser schmecken, wenn es etwas gesalzen wäre, so ist es einfach fade.

Als nächste Aktion wurde bei mir ein Putztag angekündigt. Ich wehrte mich dagegen, denn ich fand es peinlich, mich dahingehend bedienen zu lassen. Ausserdem habe ich genügend Zeit, um selber zu putzen.
S. meinte, es handle sich um den Frühjahrsputz. Die Frauen erschienen und ich liess es gottergeben über mich ergehen.
Meinen Bürobereich hatte ich abgedeckt und gesagt, dass sie dort nichts machen sollten.
Zuerst wurde aller Stoff, den ich so mühsam improvisiert auf Stühle und Sofas drapiert hatte entfernt, danach rückte man die Möbel zusammen und nahm die Vorhänge ab. Nun gut, diese hätte ich schon lange waschen und gleich die Fenster putzen wollen.

Ich konnte nichts anderes tun, als mich ins Schlafzimmer zurück zu ziehen. Lange blieb ich dort nicht alleine, denn Hend legte ihren Sohn Ahmed auf mein Bett. Iman's Tochter Noor sass in dem neuen Babysitter, der von Tuta ständig bewegt wurde. Dazu drückte sie dauernd auf einen Knopf, worauf es "Happy Birthday" plärrte. Zwischendurch sah ich den Frauen von der Küche aus zu, denn machen durfte ich ja nichts. Staub wischen sah folgendemassen aus: mit einem Lappen wurden Möbel, Kissen und Fenster abgeklopft, wobei eher der Staub aufgewirbelt als entfernt wurde. Die Einführung von Swiffer, der gemäss Werbung den Staub bindet, wäre hier wohl ein Bombengeschäft!

Der kleine Ahmed wollte trotz Müdigkeit nicht schlafen, also nahm ich ihn hoch und trug ihn herum. Auch Noor hatte genug in ihrem Babysitter, in dem sie mehr hing als sass. Beide Babies begannen zu schreien und ihre Mütter kamen abwechselnd, um sie zu stillen. Danach richtete ich zwei "Betten" und sicherte sie mit Kissen. Noor fühlte sich offenbar wohl, sie gluckste zufrieden und strampelte mit ihren nackten Füssen. Ahmed brauchte etwas länger, aber schliesslich fielen dem kleinen Kerl die Augen zu. War man anfangs betreffend Babies etwas vorsichtig mir gegenüber, so heisst es jetzt schnell mal: nimm du den oder die Kleine/n.

Nachdem die 3 Frauen fertig gewischt und gereinigt hatten und die Möbel wieder an Ort und Stelle standen, machte ich Tee und Kaffee und stellte Gebäck auf, das es bei mir immer dazu gibt. Musik lief und sie wollten unbedingt nochmal meinen Gesang hören. Es ist schön zu sehen, wie sie sich öffnen, zu Scherzen bereit sind und es einfach geniessen. Zwischendurch montierte Faiza die Vorhänge, die inzwischen gewaschen und getrocknet waren. Ich bedankte mich bei allen und lud sie zu einem Nachtessen bei mir ein, aber ohne Männer. Diese Idee bereitete ihnen sichtlich Vergnügen und sie freuen sich bereits darauf. Youssef, der später dazu kam, war etwas erstaunt über eine solche Idee. Er wolle sich als Frau verkleiden und dabei sein. Wir lachten ihn aus und es war für mich lustig zu sehen, wie sie die Idee aufgriffen und sich amüsierten.
Naja, ich finde, eine Anerkennung haben sie sich schon verdient!

0 Kommentare

 

Wasserschaden

19.02.2012 23:18:53

Also doch Wasserschaden!

Nachdem sich im Badezimmer ein See ausgebreitet hatte, wurde geprüft und beratschlagt, was am besten zu tun sei. Rohre auswecheln! Hmm, das bedeutete Handwerker in der Wohnung. Naja, wenn's denn sein muss!

Um 9h sollten die Arbeiter kommen. Ich war bereits um 8h bereit, hatte alles aus dem Badezimmer geräumt und im Schlafzimmer, durch das man ins Badezimmer gelangt, alles abgedeckt. Um 10h30 kamen 2 Arbeiter plus S. und Youssef, die beide die Arbeit beaufsichtigten. Bevor jedoch überhaupt angefangen wurde, musste ich für alle Tee kochen...diese Lektion hatte ich bereits gelernt  . Nachdem jeder seinen Tee getrunken und eine Zigarette geraucht hatte, wurde losgelegt. Das heisst, ein Mann spitzte mit Hammer und Meissel die Bodenfliesen raus. Das dauerte eine ganze Weile und war mit ziemlich Krach verbunden.

Ich hielt mich derweilen am PC auf und ärgerte mich über die extrem langsame Internetverbindung, die es mir unmöglich machte, etwas am PC zu arbeiten. Die Temperaturen waren wegen des kalten Windes gesunken, also auch nicht sehr verlockend, raus zu gehen. Zudem musste ich anwesend sein, da nicht immer jemand von der Familie die Arbeit im Badezimmer beaufsichtigen konnte.

Nachdem die Bodenfliesen und die sanitären Teile entfernt worden waren, wurde der Bereich neu abgedichtet und für den Fliesenleger vorbereitet. Neue Rohre habe ich allerdings nicht gesehen. Der Fliesenleger kam am Nachmittag. Ein junger Mann, der mich herausforderte, indem er Tee verlangte ohne auch nur "bitte" zu sagen. Auch hier gebietet es die Höflichkeit, um etwas zu bitten und nicht einfach zu fordern. Das habe ich ihm denn auch klar gemacht. Er bekam seinen Tee und dann begann er mit seiner Arbeit. Fachmännisch mit Wasserwage und Gummihammer, Fliessenschneidemaschine und Zement. Gerade mal unter dem Zement war Plastik ausgelegt, ansonsten war das Bad eine einzige dreckige Baustelle. Da der Mann zudem auf dumm-dreiste Art neugierig war, ging er mir gehörig auf die Nerven. Seine Arbeit hat er allerdings gut gemacht! Dass die Fliesen nicht die gleichen wie die bereits vorhandenen waren, dafür konnte er schliesslich nichts...

Nun, ich musste da durch und schön beaufsichtigen. Sicher ungewohnt für die Leute... .
Da gleichzeitig an Saids Wohnung gearbeitet wurde, musste Said hin und her rennen. Er schleppte Zementsäcke, brachte allen das Gewünschte, kümmerte sich um alles und schimpfte über seine Brüder, die nicht halfen.

Hamada, der sich nach dem grossen Krach nur in seiner Wohnung aufhält, sofern er überhaupt im Haus ist, wollte keinen Finger krumm machen. Moustafa ist in Kairo in der Armee und Youssef wird für Botengänge eingesetzt. Also bleibt alles Wichtige an Said hängen. Ich muss ihm wirklich ein Kränzchen winden! Mag er auch oft ein Schlitzohr sein, wenn es ums arbeiten geht, dann packt er an und ist somit seinem Vater am ähnlichsten. Nachdem die Arbeiten beendet waren, nahm er Putzzeug und reinigte nicht nur das Bad, sondern auch sämtlich Spuren in der Wohnung. Ich hätte diesen Part ja übernommen, aber er befahl mir, ihn machen zu lassen. An diesem Tag war er sichtbar erschöpft und er tat mir Leid. Ich nahm mir vor, seinem Vater gegenüber zu erwähnen, was sein Sohn eigentlich alles leistet und dabei immer noch Zeit für einen Spruch oder ein Lachen hat.

Die Installation der sanitären Teile erfolgte am nächsten Tag. Dazu kam wieder der "Sanitärinstallateur"  und am Nachmittag war alles fertig, mit der Auflage, diese nicht vor Ablauf von 24h zu benutzen. Nun, ich putzte noch mal alles gründlich, von Zementresten auf der Marmorplatte bis hin zum zementverklebten Besen.

Als ich heute das Badezimmer einräumen wollte, entdeckte ich einen See um die Toilette herum. Da ich weiss, dass die "Fudidusche" nicht dicht ist, habe ich zuerst mal gecheckt, ob der Wasserhahn zu ist. War er nicht und nun hoffe ich, dass es keine neuen Wasserpfützen mehr gibt...insh'allah!

0 Kommentare

 

Wohnungswechsel

01.02.2012 12:03:56

Ich bin in die untere Wohnung umgezogen, da Miguel weg ist. Er wird wohl erst in einem Jahr wiederkommen, also kann ich mich etwas häuslich einrichten.

Moustafa, der gerade wieder mal auf Heimurlaub ist, hat mir seine Hilfe angeboten. Ich habe alles ausgeräumt, bereitgestellt und die ganze Wohnung geputzt. Inzwischen kam Said, der spontan anpackte. Im Nu waren meine Sachen unten...schon so viel? Ich bin doch erst seit knapp einem Monat hier!

Wenn wir uns auf der Treppe kreuzten, flirtete Said ganz unverhohlen mit mir. Schlitzohr! Aber er darf das, weiss ich doch, dass das nur ein Geplänkel ist, das Spass macht. Obwohl, er besitzt schon eine gewisse Attraktivität und manches Mädchen wird von ihm träumen. Youssef flüsterte mir denn auch mal zu, dass Said kein "Kostverächter" sei. Natürlich in dem hier erlaubten Rahmen. Ist ja auch nicht verwunderlich, der Junge ist in den Sturm- und Drangjahren. Wohin soll er mit seiner Sexualität? Die ist eh nur in der Ehe erlaubt. Obwohl man mir erzählte, dass die Mädchen heute sehr offensiv seien. Wie weit sie dabei gehen, weiss ich nicht.
Nun, er bedient sich an meinen Zigaretten, schenkt sich ein halbes Glas Wein aus der offenen Flasche ein und geniesst es....solange der Vater nicht in der Nähe ist. Manchmal schenke ich ihm ein Päckchen Zigaretten, er hat ja wirklich nichts.

Nun richte ich mich ein, verstaue Haushaltwaren in der Küche. Die bunt zusammengewürfelten Restposten an Gläsern, Plastikgeschirr und sonstigem Plunder habe ich rigoros eliminiert. Jetzt heisst es Schränke putzen und auslegen. Mit dem allgegenwärtigen Staub ist dies zwingend. Ich merke aber, dass ich inzwischen andere Ansprüche stelle als wenn ich nur zu Besuch da bin. Dann ist mir egal, ob ich von Plastiktellern und mit verbogenem Blechbesteck esse. Inzwischen habe ich mir schlichtes weisses Geschirr gekauft, das einzige, das ich in Luxor gefunden habe und das wahrscheinlich eher Hotelgeschirr ist.

Am liebsten würde ich die eine Wand streichen, die Miguel als "Pinnwand" für seine Gemälde benutzt. Wage es aber nicht, da er hier die grösseren Rechte hat als ich. Immerhin habe ich eine Sitzecke eingerichtet und es sieht mit den improvisierten Stoffbezügen recht fröhlich aus.

Nachdem Miguel ausgezogen war, wurde die Wohnung von S. als Rückzugsort für Treffen mit Freunden, Besprechungen und Fussball schauen benutzt. Im Schlafzimmer steht deshalb ein TV, der funktioniert .
S. sieht schlecht aus, er hat eine hartnäckige Erkältung, die einfach nicht aufhören will. Dies in Kombination mit seiner Krankheit schwächt ihn. Er hat geklagt, dass er müde sei, immer rumzurennen und für alle organisieren zu müssen. Er überlege sich, ob er nicht entscheiden soll, dass jede Partei in ihrer Wohnung lebt und für sich schaut. Die Mädchen sitzen den ganzen Tag mit ihren Babies in Faizas Wohnung und machen laut S. wenig. Nun, ich habe sie zumindest immer in der Küche gesehen, wenn es Essen gab.

Ich frage mich dann aber auch, wofür der Aufwand einer komplett eingerichteten Wohnung, wenn sie nicht genutzt wird? Klar, der Familen- und Gemeinschaftssinn ist hier grösser als in CH und man will eher zusammen als alleine sein. Es ist fraglich, ob S. dies durchsetzt, sind doch 2 seiner Söhne verheiratet und arbeitslos. Hamada sehe ich kaum, er spricht zwar von Arbeit, aber ich vermute mal, dass er die paar Pfund, die er dabei verdient, eher ins Kiffen investiert. Aber da blicke ich noch nicht durch.
Moustafa ist in Kairo im Militär, d.h. in einem Offizierskasino tätig. Langweilig, meint er. Aber auch er hat nur seinen bescheidenen Sold, ergo ist es doch S. der alle durchfüttert.

Ich habe das Gefühl, er braucht es auch irgendwie. Ohne diese Aufgaben würde sein "Motor" stillstehen, denn er ist nunmal ein Leader.

Kürzlich gab es einen Todesfall in der Familie. Eine junge Nichte von S. auf der Westbank kam durch einen Elektrounfall ums Leben. 3 Tage lang war das Haus leer bis auf die Mädchen mit ihren Kindern. Ich hatte S. gefragt, ob ich jeweils das Abendessen zubereiten solle. Er meinte, die Mädchen seien ja da. Also habe ich mich nicht weiter darum gekümmert. S. beklagte sich dann, dass sie kaum etwas gemacht hätten.

Dann gab's noch einen Wasserschaden. Über der Wohnung im 4. Stock wird eine neue für Said gebaut, der heiraten will. Da es keinen Wasserabfluss gibt und die Arbeiter/Familie achtlos mit dem Wasser umgehen, begann es bei mir zu tropfen. Sofort habe ich Töpfe und Schüsseln aufgestellt und S. informiert. Da das Wasser ausgerechnet bei einer Lampe von der Decke tropfte, habe ich diese nicht mehr eingeschaltet. S. hat sich 1000mal entschuldigt, in der Annahme, ich würde mich deswegen aufregen. Aber nein, sicher nicht! Ich weiss lediglich, dass Wasser in Decken und Wänden nicht gut für die Substanz ist und man schnell reagieren muss.

Ich blicke aber nicht durch, wie und wann da gebaut wird. Manchmal höre ich irgendwelche Arbeiter, aber nie für lange. Ich denke mal, man lässt weiter arbeiten, wenn etwas Geld übrig ist.

4 Kommentare