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Hochzeit zum Zweiten

02.03.2012 09:46:37

Wollte ich ursprünglich nicht zur Hochzeit meines Ex gehen, blieb mir dies nicht erspart, da er mich anrief, um mich persönlich einzuladen. Einerseits freute ich mich sehr darüber, andererseits war ich gar nicht sicher, ob ich wirklich dabei sein wollte. 

Ich wusste von Anfang an, dass dieser Tag irgendwann kommen würde und trotzdem hatte ich Mühe damit. Da ich weiss, wie die Hochzeiten ablaufen und viele Leute unsere Geschichte kannten, blieb mir nichts anderes übrig, als meinen "Auftritt" genau zu planen. Aussehen und Kleidung waren wichtig, denn mir war klar, dass mich viele beobachten würden und ich ein Thema sein würde.

Natürlich ging ich nicht alleine hin. Yasser fuhr S., Caroline und mich nach Karnak, wo die Hochzeit stattfinden sollte. Unterwegs trafen wir ein Paar, von dem sich herausstellte, dass es sich um Ahmed, einem Cousin meines Ex und seiner neuen, deutschen Frau Julia handelte. Ich hatte Ahmed nicht erkannt, mit dem ich damals die abenteuerliche Suche nach meinem Ex unternommen hatte, der von der Polizei unerwartet festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden war.
Aber das ist eine andere Geschichte...

Das Festzelt fasste ca. 200 - 300 Gäste. An der Stirnseite war das Podium mit dem obligaten Sofa für das Brautpaar aufgestellt. Die Dekoration, die aus einem Fetzen dünnem Stoff und einer blinkenden Lichterkette bestand, schien mir etwas dürftig.

Am Eingang sass der Vater meines Ex, den ich begrüsste, der mich jedoch nicht zu erkennen schien. Wir nahmen an einem der Tische Platz und ich suchte nach mir bekannten Gesichtern. Da ich vor einigen Jahren aufgehört hatte, die Familie meines Ex zu besuchen, war ich gespannt auf das Wiedersehen. Die Mutter sass auf der anderen Seite des Mittelganges und winkte mir zu. Wir erhoben uns gleichzeitig, gingen aufeinander zu, trafen uns im Mittelgang und lagen uns in den Armen. Obwohl wir jeweils nur mässig miteinander hatten kommunizieren können, hatte ein Verbindung bestanden, die ohne Worte auskam. Ich freute mich aufrichtig, sie zu sehen und mir war in diesem, doch sehr emotionalen Moment egal, wer mich beobachtete.

Das Brautpaar war noch nicht erschienen, dafür kam der Vater an unseren Tisch, begrüsste mich noch einmal und entschuldigte sich, dass er mich nicht gleich erkannt habe. Er sei halt inzwischen alt geworden und sein Gedächtnis funktioniere nicht mehr so wie früher.
Ich hätte mir wie ein VIP vorkommen können, wäre der Anlass ein anderer gewesen.

Schliesslich erschien das Brautpaar, umringt von Angehörigen und begleitet vom Fotografen. Mein Ex, gekleidet in einen Anzug, was nicht unbedingt sein Stil ist, mit seiner Braut in gerüschtem und glitzerndem Weiss...ein Anblick, der mir zu schaffen machte. Ich musste mich wirklich zusammenreissen, um mir nichts anmerken zu lassen, zumal auch noch teilweise Musik gespielt wurde, die zu "unserer" Zeit gehörte. Um Abstand zu gewinnen, bat ich S., mich nach draussen zu begleiten, um eine Zigarette zu rauchen und verpasste dadurch, auf das Hochzeitsvideo gebannt zu werden, was mir nur allzu recht war.

Wieder im Zelt nahte der Moment der Gratulation. Das Brautpaar war inzwischen auf dem Podium, sass jedoch nie auf dem Sofa. Mein Ex hielt sich am äussersten Rand des Podiums auf, während seine Angetraute in der Mitte von Schwestern und Freundinnen umringt war und tanzte. Wir waren nicht die einzigen Gratulanten und ich wartete bis der Andrang vorbei war. Ich fragte mich, was ich eigentlich da machte....aber wer A sagt, muss auch B sagen können!

Wir umarmten uns, plauderten und hielten die ganze Zeit Händchen. Es war irgendwie völlig natürlich und uns nicht bewusst. Als ich realisierte, welches Bild wir abgeben mussten, verliess ich fluchtartig die Bühne und landete direkt in Ex-Schwiegermamas Armen. Sie stand vor dem Podium und versicherte mir ein ums andere Mal, wie sehr sie mich vermisse. Während wir dastanden und auf die Schwestern meines Ex warteten, fing ich einen nicht gerade freundlichen Blick der Braut auf, der mich erstaunte. Ich hatte sie ein Mal zufällig auf der Strasse getroffen, als ich mit Said auf dem Weg zu Abdullah war. Ich hatte sie freundlich gegrüsst und mit meinem Ex gescherzt, während sie stumm daneben stand. Keine Ahnung, ob sie weiss, wer ich bin.

Saida, die ältere Schwester, die immer rank und schlank gewesen war, hatte kräftig zugelegt, trug ein Glitzerkleid und das passende Kopftuch. Sie, die nie Kopftuch getragen, sondern sich immer modisch gekleidet hatte. Sie, die immer gearbeitet und alle Bewerber ausgeschlagen hatte. Inzwischen ist sie mit jemandem verheiratet, der in einem der Golfländer arbeitet.

Leila, die jüngere Schwester, war ganz schön in die Breite gegangen. Sie leuchtete in königsblau mit viel Glitzer, tänzelte leichtfüssig und hatte immer noch dieses breite Lachen im Gesicht. Inzwischen zum dritten Mal verheiratet, wurde mir erzählt, dass sie sich wieder scheiden lassen wolle. Wie man sieht, ist auch solches hier möglich!

Wir verliessen das Festzelt, obwohl ich dem Vater versichert hatte, zu bleiben und gingen in die Kaffee Bar nahe unseres Hauses. Später fragte S., ob er zu mir kommen könne und mir war klar, dass man mich nicht alleine lassen wollte. Ob aus Anteilnahme oder auf Empfehlung hin (ich hörte S. telefonieren und verstand einiges) vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen. Darin sind die Leute hier wahre Meister und wir Europäer durchschauen die Hintergründe nur selten.

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Hochzeit

25.02.2012 17:46:50

Heute heiratet mein ägyptischer Ex!

Zumindest hat mir das Hamada gerade mitgeteilt und gefragt, ob ich auch zur Hochzeit gehe. Mhh...hatten wir doch schon mal, aber das war 'ne andere Geschichte. Ich weiss, dass diese Heirat nichts mit Gefühlen zu tun hat. Und dennoch...sollte ich Präsenz markieren oder mich lieber fernhalten? Ich glaube, eher letzteres. Was bringt es schon? Mir, ihm und überhaupt? Die Nähe besteht noch zwischen uns, aber ansonsten hat keiner von beiden einen Schritt getan. Er wird ohnehin die nächsten Tage beschäftigt sein und ich kann ihm nur Glück wünschen. Glück dafür, dass sich Zuneigung entwickelt und das Eheleben erträglich wird. Denn hier heiratet man in der Regel nicht auf Probe und lässt sich dann scheiden, wenn es nicht so läuft wie erwartet. Man heiratet für's Leben und für viele Kinder.

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Wohlfühlen

12.01.2012 01:05:24

Ja, ich fühle mich richtig wohl! 
Ich geniesse die hellen, sonnigen Tage, die Begegnungen, die Geräusche und Gerüche. Die Spaziergänge durch die Stadt. Die Bereitschaft der Menschen zu scherzen und zu lachen. Man kommt so schnell in Kontakt.
Die Einfachheit macht mir nichts aus. Nach und nach verwandle ich die Wohnung in mein Heim, obwohl ich nicht viel investieren will, das es nur auf Zeit ist. Dennoch brauche ich einen gewissen Stil und sei er mit noch so einfachen Mitteln erzielbar. Und schliesslich kommt übermorgen meine Tochter mit ihrer Freundin und neu deren Freund. Da muss der grosse Wohnraum schon etwas gemütlich sein.

Morgen früh landen sie in Kairo, das Hotel hatte ich bereits gebucht. S. hat sich auch da gekümmert, der Transfer vom Flughafen zum Hotel ist organisiert und der Bekannte wird den jungen Leuten behilflich sein. Da ich meine Tochter kenne, habe ich ihr die Nachricht geschickt, dass sie am Abend unbedingt den Cairo Jazz Club besuchen soll. Dort spielt eine Band, die verschiedene Stilrichtungen in ihre Musik einbaut. Da es zudem kein Schickimicki Lokal ist, genau das Richtige.

Ich bin gespannt und freue mich riesig!

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Ankunft

07.01.2012 21:17:17

Am 5.1.2012 bin ich in Luxor angekommen, mit 14kg Übergepäck, weil ich die Luftfracht nicht aufgeben konnte. Mein "Bruder" hat mich abgeholt - wie immer - und wir sind nach Hause gefahren. Obwohl bereits Mittag war, schienen alle noch verschlafen. Neffe S. hat sich sofort meines Gepäcks angenommen und es hoch getragen, während ich einen belebenden, heissen Tee trank. 

Die erste Änderung: ich kann nicht die Wohnung im dritten Stock beziehen, weil M. aus Mexico da ist. Als Maler, Mentor und Sponsor hat er Wohnrecht auf Lebenszeit, deshalb ist diese Wohnung mit grossen Fenstern ausgestattet und sparsam, aber modern und zweckmässig eingerichtet. Ich bewohne nun die Wohnung einen Stock höher, was von dem her besser ist, weil diese über 2 Schlafzimmer verfügt. Da nächste Woche meine Tochter und ihre Freundin für 1 Woche zu Besuch kommen, ist das ideal.

Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, der Baum, der sich am Haus bis aufs Dach hochrankt, ist grün und die ebenfalls kletternde Bougainvillea blüht tiefrot. Wunderschön, da öffnet sich einem das Herz! Es ist hell und die Wohnung ist lichtdurchflutet. Ich könnte nie tagein, tagaus in einer Wohnung leben, in die nie ein Sonnenstrahl fällt, in der man mit künstlichem Licht lebt, wie es hier so oft der Fall ist. Deshalb möchte ich mal eine eigene, helle Wohnung.

Die kleine Noor hat sich gemacht und schaut schon neugierig aus ihrer Wolldecke. Das neuste Familienmitglied, den neugeborenen Ahmed sehe ich nicht, weil Hend den ersten Monat mit ihrem Kind bei ihrer Familie verbringt. Bei Imam war es genau so. Die jungen Frauen werden in Kinderpflege eingewiesen, auch wenn dann später die Schwiegermutter oder gar der Schwiegervater bei Problemen zuständig ist.

Ich lege mich ein wenig hin, da ich die letzte Nacht nicht geschlafen hatte. Es ist mehr ein Dösen als schlafen. Um mich etwas fit und frisch zu fühlen, will ich duschen, aber das Wasser kommt nur als dünnes Rinnsal. Haare waschen ist unmöglich. Die Pumpe schafft's wohl wieder nicht. Dann bleibt's halt bei einer Katzenwäsche und etwas Schminke im Gesicht.

Zuerst muss ich zu Vodafon, um den Internetzugang zu bezahlen, den ich per Stick im ganzen Land habe. Dies kostet LE 150.- im Monat und ist für mich ideal. Mit dem häuslichen WiFi ist das so eine Sache, manchmal geht's, manchmal aber eben nicht. So bin ich unabhängig. Danach gehe ich in den Supermarkt in der Television Street und kaufe ein paar Dinge ein.

Abendessen mit der Familie, Lina aus Dänemark ist zu Besuch, ich plaudere ein wenig  mit ihr, denn sie reist am nächsten Morgen ab. Nach dem Tee verabschiede ich mich, denn ich bin todmüde. Ich erinnere mich an das Geschenk meiner Tochter, das ich erst hier öffnen sollte. Ihr Brief berührt mich sehr, freut mich und macht mich gleichzeitig unendlich traurig. Ich heule.
Die CD, die sie für mich mit ausgesuchten Songs bespielt hat, verstärkt das Gefühl noch. Obwohl ich vor Müdigkeit fast vom Stuhl falle, höre ich sie ein paar Mal und lese auch den Brief mehrere Male. Auch der Gedanke an meinen Sohn macht mich traurig. Ich wusste, dass es schwierig sein und ich die beiden sehr vermissen würde.

Inzwischen ist es ziemlich kalt in der Wohnung. Im letzten Moment hatte ich mein Bettzeug mitgenommen, wohlwissend, wie kalt die Nächte im Januar sein können. So schlief ich schön warm eingepackt und traumlos.

Am 1. Tag habe ich nicht viel gemacht. Die Koffer packe ich nicht vollständig aus, weil ich nach M.'s Abreise in seine Wohnung ziehen werde. Youssef schleppt einen Fernseher an, dessen Kabel von Said gefährlich zusammengebastelt wird. Zum Glück ist er noch nicht angeschlossen!
Said bleibt ein wenig und erzählt von sich. Ich höre zu und gebe meinen Senf dazu. D.h. ich mache dort weiter, wo ich letztes Mal aufgehört habe...praktische Lebensberatung.

Heute habe ich die Küche geputzt und eingerichtet, bescheiden zwar, aber es reicht. Am Nachmittag raus, ein paar Lebensmittel einkaufen, um später ein Abendessen zubereiten zu können. Faiza kommt und meint, dass ich alle Gemüseabfälle sammeln solle, da sie neuerdings Hühner auf dem Dach hält. Wohlgemerkt, sie erzählt mir das auf Arabisch, da sie kein Englisch spricht. Ich verstehe sie aber recht gut. Ergo stelle ich eine Tüte mit dem Grünzeug vor die Tür, damit sie in der Früh ihre Hühner füttern kann.

Zwischendurch kommt S., um sich zu erkundigen, ob ich alles habe oder noch etwas brauche. Er weiss, dass ich mich bestens zurecht finde, dennoch ist er immer besorgt. Ich muss ihn oft etwas bremsen, wenn er einen der Jungs losschicken will, um Einkäufe oder Botengänge für mich zu tätigen. Schliesslich muss ich die momentanen Preise kennen und auch die Leute sollen mich kennen. Manche tun dies bereits und ich werde allseits freundlich willkommen geheissen.

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Doch Blues

03.01.2012 11:20:35

Nachdem Sohn und Ex-Mann gegangen waren, sass ich auf der geschütztenTreppe zum Garten und rauchte eine Zigarette. Beide hatten nicht mit mir auf das neue Jahr anstossen können, weil sie mit einem Auto gekommen waren und Sohn mit der Freundin ins Kino wollte. Ich hatte gefragt, ob wir uns nochmal sehen, weil ich nicht wusste, wie er zeitlich drin ist. Er versicherte mir, dass er selbstverständlich vorbeikomme.

Da sass ich nun, es regnete wieder heftig und meine Gesicht wurde nass...nicht vom Regen, sondern von meinen Tränen. Ich wollte nicht rührselig werden, konnte aber nichts dagegen tun. Mir war immer klar, dass der Abschied von meinen Kindern mir sehr schwer fallen würde, auch wenn es kein Abschied für immer ist. Und dennoch...bei dem Gedanken wird mir das Herz schwer...

Meine Tochter will mich am Ende ihrer Afrika Reise in Luxor besuchen, sie werde ich also noch eine Woche "geniessen" können, worauf ich mich riesig freue. Obwohl ich mir momentan eher Sorgen mache. Bisher hat sie sich alle 2-3 Tage gemeldet, aber seit dem 28.12. habe ich nichts mehr von ihr gehört. Ich weiss, dass die beiden Mädels jetzt in Tansania sind und am 31.12 schickte sie ihrem Bruder eine SMS. Ihr Vater hatte sie am 1.1. angerufen, aber nur kurz mit ihr gesprochen.

Ich bin kein ängstlicher Typ, aber einmal Mutter, immer Mutter!
Es ist so gar nicht ihre Art, sich nicht zu melden und es gibt ganz plausible Gründe, weshalb es nicht möglich ist. So mache ich mir halt Gedanken und Sorgen, zumal sie sich auf meine SMS nicht gemeldet hat.
Wenn ich daran denke, dass es zu unserer Reisezeit weder Handy noch Internet gab und dass die Post uns per "poste restante" in den Hauptstädten erreichte, wird mir klar, wie unsere Eltern sich damals gefühlt haben müssen. Monatelang keine Nachricht von uns, denn die sehr seltenen Anrufe in die Schweiz waren für uns Rucksacktouristen teuer.

So warte ich ungeduldig auf eine Nachricht von ihr, die mich von meinen Gedanken erlöst. Der Abschied von meinem Sohn soll kurz ausfallen und ich habe mir vorgenommen, nicht zu heulen.
Keine Ahnung, ob mir das gelingen wird...

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Abschiedsblues?

31.12.2011 19:26:12

Der letzte Abend des Jahres 2011!

Was ist nicht alles geschehen in diesem Jahr? Und nun stehe ich an der Schwelle - nicht nur zu einem neuen Jahr - sondern auch zu einem neuen Leben.
A. ist nach Dublin geflogen und hat mir Haus und Katze anvertraut. Ich bin allein und habe auch keine Lust, auszugehen. Die besten Feste waren eh diejenigen damals im eigenen Haus, mit Freunden. Manchmal dauerten sie tagelang...

Ich hab's gemütlich genommen heute. Pflegeprogramm, hier ein wenig räumen, dort etwas umordnen. Am Nachmittag habe ich den Fernseher eingeschaltet. Auf 3sat werden an Silvester jeweils grossartige Konzerte gezeigt. Momentan läuft Grönemeyer, von dem ich zwar einige Songs sehr mag, der mir jedoch nicht sehr nahe ist. Die Rollings Stones habe ich auch nur so nebenbei gehört. Ehrlich gesagt sind sie mir auf den Geist gegangen.
Naja, als ehemaliger, überzeugter Beatles-Fan...

Das Freddy Mercury Memorial war Spitze und ich bekam etliche Male Gänsehaut, wenn zigtausend Fans mitsangen. Auch der Aufmarsch der mitwirkenden Spitzenmusiker war nicht ohne. Was mich aber umgehauen hat, war das einzige Konzert, das Simon und Garfunkel nach Jahren der Trennung im Central Park gegeben haben. Die beiden Musiker, die kaum einmal lächelten, sangen ihre Songs und ich sang mit. Erstaunt stellte ich fest, dass ich noch alle Texte im Kopf hatte. Zu jener Zeit war es Muss, die Lieder von Simon und Garfunkel zu spielen. Hatte ich nicht deswegen Fingerpicking auf der Gitarre gelernt? Um "The Boxer" spielen zu können?

Joan Baez, Bob Dylan, Peter/Paul and Mary etc. gehörten auch zu jener Zeit. Eigentlich hatte ich mich schon vor Jahren von dieser Musik verabschiedet. Und nun habe ich plötzlich das Gefühl, als sei meine Jugend unwiderruflich vorbei. Tränen laufen mir über die Wangen und ich kann nichts dagegen tun.

Natürlich ist die Jugend schon lange vorbei und in dem langjährigen Umfeld wird man gemeinsam älter. Man nimmt es nicht so wirklich wahr. Und nun stehe ich an einem Punkt, wo alles anders wird. Wo ich meine Vergangenheit, die mich geprägt hat, zurück lasse und Neues beginne. Wo ich von den Menschen anders wahrgenommen werde als hier. Wo man mich nicht kennt, wie ich als junge Frau war.

Ein seltsames und auch irgendwie erschreckendes Gefühl. Oder werde ich jetzt schlichtweg sentimental weil Silvester ist? Wahrscheinlich von allem ein wenig. Vielleicht sollte ich mich wirklich ausheulen und dann wäre gut. Das reinigt ja bekanntlich die Seele...

Nein, ich will nicht heulen! Schliesslich habe ich mich über den Anruf meines Sohnes vorhin gefreut, was sonst eher nach Mitternacht geschieht. Und ich freue mich auf die Freundinnen, die morgen kommen. Ich schiebe mal alle wehmütigen Gedanken zur Seite und ziehe mir Simply Red rein, deren Musik mir immer gefallen hat.

Und wenn der Blues zu krass wird, kann ich ihn mir immer noch von der Seele singen, denn schliesslich bin ich alleine im Haus...

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Schnee

21.12.2011 10:04:50

Bäume und Sträucher sind dick verschneit. Es sieht hübsch aus. Hübsch und friedlich. Von meinem Sitzplatz auf den Stufen zum Garten  lasse ich meinen Blick schweifen. Der Schnee dämpft die fernen Geräusche und es ist beinahe still...die Welt ist leise geworden.

Nun taut es bereits wieder, in den Büschen kracht es, wenn Brocken verharschten Schnees herunterfallen. Die Vögel tauchen aus ihren geschützten Verstecken auf, um nach Nahrung zu suchen. Nachts ruft ein Käuzchen ganz nahe und die Nacht ist mitunter sehr hell. Ich lasse dies alles auf mich wirken...wissend, dass dies die letzten Bilder sind, die ich in mich aufnehme.

Werde ich dies vermissen? Ich glaube nicht, so hübsch es auch ist. Ich habe es damals in Nigeria nicht vermisst und werde es wohl auch zukünftig nicht vermissen, denn ich war nie ein Berg- und Wintersport Typ.

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Katzen

07.12.2011 08:57:31

Wer Tiere besitzt, weiss wie sehr sie einem ans Herz wachsen können. Im Trubel der Räumungs- und Reinigungsarbeiten in der Wohnung hatte ich meine beiden Katzen nicht vermisst. Obwohl der Reflex da war, jedes Mal die Wohnungstüre zu schliessen, damit keine Katze raus konnte...auch wenn keine mehr da war.
Ich habe meine beiden besucht und bin sehr froh, jemanden gefunden zu haben, der Katzen mag...der MEINE Katzen mag. Münggi, die 16jährige fühlt sich bereits sehr heimisch, ist neugierig und beansprucht Plätze für sich. Sie hat sich sehr schnell der neuen Besitzerin angeschlossen. Kali ist misstrauischer und zurückhaltender und wurde erst nach 2 Wochen ein klein wenig zugänglicher.

Es war erstaunlich, wie beide Tiere auf meine Anwesenheit reagiert haben. Stimme und Geruch haben im ersten Moment für Verwirrung gesorgt, aber dann waren sie dauernd in meiner Nähe. Münggi thronte in ihrem neuen Fell-Kuschel-Kissen und Kali liess sich den Bauch kraulen. Manchmal hielt sie Abstand, wenn ich sie streicheln wollte, hatte aber den Schalk in den Augen.
Am Schluss sassen beide völlig entspannt im Zimmer und B. schickte mir später ein Bild mit der Bemerkung, dass Kali seit meinem Besuch viel entspannter und zugänglicher sei.

Ich hab's immer gewusst...ich bin ein Alphatier...

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Mond und Sterne

01.12.2011 23:14:52

Diese Woche war Neumond - "mein" Mond, der mich sehnsüchtig macht nach dem Nil. Nachts auf dem Boot, ein dunkelblauer Samthimmel und die scharfe, schmale Sichel des Mondes. Für mich traumhaft!

Wenn ich gegen Mitternacht auf dem Balkon eine Zigarette rauche und in den Himmel schaue, sehe fast direkt über mir Orion. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Pyramiden von Gizeh nach den 3 Sternen im Gürtel des Orions ausgerichtet sind. Cheops und Chefren liegen auf einer Linie, während Mykerinos etwas versetzt gebaut wurde. Überträgt man das Bild des Orion Gürtels auf die Pyramiden, dann stimmen sie perfekt überein. Ein gutes Omen, dass ich jetzt Orion sehe?

Übrigens gehen in der  1-Familienhaus-Siedlung, wo ich zurzeit wohne, um Mitternacht die Lichter aus...

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Gemütslage

30.11.2011 13:31:37

Ich werde öfters gefragt, wie ich mich denn fühle. Tja, wie fühle ich mich denn eigentlich? Wie in einem Vakuum...irgendwie. Ich habe kein eigenes Heim mehr, bin also heimatlos. Bei A. ist es angenehm und komfortabel, aber ich achte darauf, meine Präsenz so wenig spür- und sichtbar wie möglich zu machen. Dafür, dass ich hier wohnen darf, übernehme ich gewisse Dinge, die auch Spass machen. 
In Luxor werde ich anfangs auch "besuchshalber" wohnen bis ich etwas Eigenes habe. Aber an dieses wohnen bin ich bereits gewöhnt, es fühlt sich wie "zuhause" an.

Viele hier sagen auch, dass sie mich für mutig halten, was mich immer erstaunt. Ich empfinde es gar nicht als mutig, sondern normal als Konsequenz einer Entscheidung. Ausser natürlich die Auflösung eines Haushaltes, eines Stück Lebens...was ich als Kraftakt empfunden habe. Ansonsten ist meine Gemütslage neutral. Kein Abschiedsschmerz...noch nicht. Keine Euphorie...auch noch nicht.

Zunächst muss ich die Sachen, die ich zu A. mitgenommen habe nochmals sortieren und reduzieren, damit alles gut vorbereitet ist, denn auf Stress kann ich weiss Gott verzichten. Diejenigen, die bereits ausgewandert sind, werden dies bestens kennen. Denjenigen, die auswandern wollen empfehle ich eine gute Organisation, viel Zeit einplanen, Abstriche machen und vorallem, die Nerven nicht zu verlieren! Zu leicht verliert man plötzlich den Überblick.

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Abschiedskonzert

20.11.2011 06:09:24

Das Abschiedskonzert ist vorüber.
Etwas Wehmut ist schon dabei, denn eine Ära, ein wichtiger Teil in meinem Leben – zumindest hier – ist vorbei.  Den Feedbacks von Jung und Alt zufolge haben wir gut gespielt. Ok, ich hatte einige Textpatzer. Hauptsächlich in textreichen Stücken, wenn die Band etwas zu schnell startete. Meistens überspiele ich sie und keiner merkt etwas. Ich hoffe bloss, dass dies auf dem Live Mitschnitt nicht zu hören ist. Ich bin gespannt auf die Aufnahme.

Leider sind nicht so viele Leute gekommen, wie zugesagt hatten. Nun, Hauptsache ist, die Stimmung war gut und ich hatte sie so empfunden. Es ist schon eine seltsame Sache, sobald ich vor dem Mikrofon stehe, bin ich in einer anderen Welt. Dann fällt alles von mir ab und ich bin voll in der Musik drin, in den Emotionen, die sie vermitteln soll. Ich habe mich enorm weiter entwickelt in den letzten zehn Jahren und ich danke den „Jungs“ von Herzen, dass sie mir den Raum dazu gegeben haben. Richtig stolz und happy war ich über die Mitwirkung unserer Gastmusiker, die sich die Zeit genommen haben, um diesen Abend mit uns zu bestreiten. Die zusätzliche Trompete und Gitarre haben enorm viel ausgemacht und unseren Songs eine satte Klangfarbe verliehen.

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Gedanken

21.10.2011 14:17:24

Da meine ersten Einträge verschwunden sind, will ich meinen Gedanken noch mal freien Lauf lassen.

Viele meinen, irgendwo nochmal von vorne anzufangen habe mit Mut zu tun. Tut es das wirklich?
Ich habe die Idee schon lange in meinem Hinterkopf, fand aber nie den richtigen Zeitpunkt zum Absprung.
Vorrangig waren dabei meine Kinder, zu denen ich eine sehr enge Bindung habe. Nein, ich bin keine Gluckenmutter, die nicht loslassen kann. Ich habe meine Kinder von klein an zur Selbständigkeit erzogen und bin stolz darauf, was aus ihnen geworden ist. Beide meistern ihr Leben, haben einen guten Beruf und ein Sozialnetz und haben sich zu eigenständigen, und auch kritischen Persönlichkeiten entwickelt.
Meine Hilfe brauchen sie in dem Sinn nicht mehr.

Dennoch ist es schön, wenn sie mich um Rat fragen oder einfach mal abladen wollen. Wenn sie sich ihr Lieblingsgericht wünschen oder nachfragen, wie es mir geht und was ich mache. Einiges machen wir zusammen oder teilen gleiche Interessen. Beide reisen gerne und so wird die Distanz nicht unüberbrück bar sein. Sicher werde ich sie vermissen, es wird nicht mehr möglich sein, sie spontan zu treffen, aber - der Technik sei Dank - es gibt Handy, E-mail und Skype.

Der Freundeskreis hat sich ebenfalls verändert. Beziehungen sind auseinander gebrochen, andere Partner, andere Lebenssituationen. Die Handvoll Freunde, zu denen ich trotz aller Veränderungen eine enge Beziehung habe, werden mir bleiben, dessen bin ich sicher.

Die Musik aufzugeben, ist mir schwer gefallen. Ich hatte meine Absicht rechtzeitig kundgetan, was wohl nicht so ernst genommen wurde. Mehr als 10 Jahre war ich mir diesen Musikern zusammen und ich bin dankbar, dass sie mir den Raum gegeben haben, mich weiter zu entwickeln. Das Ergebnis zeigen wir in einem Abschiedskonzert. Ich freue mich darauf, nochmal richtig loszulegen.
Inzwischen gibt es andere Formen des Musizierens - auch hier sei der Technik gedankt - und ich habe alles Notwendige, um dies auch zu nutzen.
Einer meiner "Neffen" in Luxor meinte, er kenne viele Musiker und würde mich mit ihnen bekannt machen.
Na, ob die jetzt ausgerechnet auf jemanden wie mich gewartet haben, wage ich zu bezweifeln...aber wer weiss...vielleicht ergibt sich ja doch was!

Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt für meinen Entschluss ist die Tatsache, dass ich seit 1 1/2 Jahren arbeitslos bin. Es ist nunmal Fakt, dass mein Jahrgang auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hat. Und bis zum Pensionsalter zu warten, mehr oder weniger meine Zeit "abzusitzen", irgendwelche Programme zu absolvieren, die doch nur Makulatur sind, das alles will ich nicht! Punkt!
Abhängig zu sein von Ämtern, die letztlich mein Leben bestimmen, davon habe ich genug. Auch wenn ich dafür Geld bekomme. Durch den guten Wechelkurs kann ich in Luxor einen Monat gut leben mit dem Betrag, den ich hier allein an Miete zahle.
Früher oder später hätte ich die Wohnung eh aufgeben müssen, weil sie zu teuer würde. Ich denke, vielen meiner Altersgruppe geht es so.

Na, ich hoffe, ich wiederhole mich nicht!
Aber vielleicht hilft diese Seite jemandem, der in Erwägung zieht, auszuwandern. Die entsprechenden TV Sendungen empfinde ich als nicht sehr hilfreich. Meistens wählen die Leute ein Land, zu dem sie nur wenig Bezug haben, kaum etwas darüber wissen und die Sprache nicht beherrschen. Mir ist schon klar, dass hauptsächlich solche Fälle gezeigt werden, da sie einen grösseren Unterhaltungswert haben und die Zuschauer auf dem Sofa ihrer Schadenfreude freien Lauf lassen können.

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